Viele Akteurinnen und Akteure der Heidelberger Kultur- und Kreativwirtschaft beschäftigen neben einer größer werdenden Zahl an Mitarbeitern regelmäßig Praktikanten. Sowohl Startups als auch Solo-Selbständige geben damit jungen Menschen die Gelegenheit, Einblicke in kreative Berufe und neue Arbeitsumfelder zu gewinnen. Durch die räumliche Nähe und die kollegiale Atmosphäre im Dezernat 16 erhalten Schüler, Studierende und Berufseinsteiger zudem die Möglichkeit, von der Vielfalt der Kultur- und Kreativwirtschaft zu profitieren. Wir sprechen mit Praktikantinnen und einem ehemaligen Praktikanten, wie sie die Arbeit bei uns empfinden.

Steigende Mitarbeiterzahlen und eine lange Warteliste auf Räume im Dezernat 16 sprechen für Wachstum und eine insgesamt gute Annahme der Heidelberger Kultur- und Kreativwirtschaft. Solche Erfolge sind dem Engagement vieler Akteurinnen und Akteure geschuldet. Doch nicht nur diese Zahlen sind bemerkenswert: Immer mehr Startups und Kreative binden Praktikantinnen und Praktikanten unterschiedlicher Altersstufen ein. Die Kultur- und Kreativwirtschaft wird damit für Schüler, Studierende und Berufseinsteiger greifbar, die Arbeit und Zusammenarbeit in den einzelnen Branchen erfahrbar. Das sorgt für Nachwuchs in den Kreativbranchen. Eine beachtliche Leistung für die kleinen Unternehmen und Solo-Selbständigen, bei denen häufig Termindruck oder unsichere Auftragslage die Zusammenarbeit mit anderen erschweren. Genauso ist auch das Engagement der Praktikantinnen und Praktikanten, die der Kultur- und Kreativwirtschaft häufig noch lange treu bleiben, hervorzuheben.

Grafikdesignerin Katrin Abt, ehemalige Praktikantin bei „Königsblau Design“

Katrin Abt zum Beispiel, die vor kurzem ihre schriftlichen Prüfungen im Studienfach Media Design ablegte, würde gerne nach Beginn ihrer Selbständigkeit ebenfalls im Dezernat 16 arbeiten. Bei „Königsblau Design“ machte sie ihr dreimonatiges Pflichtpraktikum. „Nicole Gehlen führte mich herum, und ich sagte sofort, das Dezernat 16 wird mich nicht wieder los“, lacht Katrin Abt. In der Zeit bei Designerin Nicole Gehlen konnte sie viele Studieninhalte praktisch umsetzen: Katrin setzte ein Kinderbuch ins Layout, erstellte Rollups und Plakate, arbeitete an Rezeptbüchern und einem E-Book für die Thoraxklinik mit. „Ich konnte das im Studium Gelernte gut einbringen, und eignete mir noch zusätzliche Kenntnisse an. Interviewführung zum Beispiel, aber auch die so wichtigen Bereiche wie Kundenakquise und der Umgang mit Auftraggebern. Ich wurde in alle Gespräche ganz selbstverständlich eingebunden. Das war sehr lehrreich.“

Nicole Gehlen bezeichnet Katrin als „das Beste was mir passieren konnte“, aber auch die Atmosphäre im Dezernat 16, die Stimmung unter einander hat ihr von Anfang an gefallen. „Da stehen die Bürotüren offen, alle helfen sich gegenseitig, der Austausch ist locker und die Stimmung ansteckend.“ Dass oft Leistung gegen Leistung getauscht wird, fördert in ihren Augen den guten Umgang mit einander. „Es ist weniger Druck dabei, wenn nicht auf allem gleich ein Preisschild steht“, lacht sie und fügt hinzu: „Im Ausprobieren, helfen und gegenseitig Rückmeldung geben liegt ja auch etwas unheimlich Wertvolles. In vielen Fällen kann ich mein Angebot durch solche Zusammenarbeiten besser machen. Und dann auch besser bezahlte Aufträge erhalten.“

Darüber hinaus hat Katrin das Praktikum Sicherheit vermittelt: „Ich habe gesehen, dass ich noch nicht perfekt sein muss. Dass meine Ausbildung eine gute Basis für meine Selbständigkeit bildet. Und dass wir als Kreative ohnehin unser Leben lang dazulernen – da kann ich mich auch mit „noch nicht ganz perfekt“ in die eigene Selbständigkeit trauen!“

Florian Wunderlich, ehemaliger Praktikant bei „Match Rider“

Auch Florian Wunderlich plant eine nebenberufliche Selbständigkeit. Im Februar begann er ein Praktikum bei „Match Rider“. „Parallel zu meinem Studium habe ich mir Fähigkeiten in den Bereichen Marketing, Mediengestaltung und Business Development angeeignet. Meine Idee war, mir diese Fähigkeiten in einem dreimonatigen Praktikum bestätigen zu lassen. Weil ich schon Vorkenntnisse hatte, konnte ich Aufgaben schnell selbständig erledigen. Das hat letztlich dazu geführt, dass mich „Match Rider“ als Junior Marketing Manager behalten hat“, berichtet Florian.

Neben der Arbeit bei „Match Rider“ schreibt er seine Masterarbeit in Soziologie über die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaften. Selbständig arbeiten wird er als Toningenieur. Eine nicht unbedingt alltägliche Kombination. „In der Kreativwirtschaft findet man viele Quereinsteiger, das ist inspirierend. Und alle arbeiten sie an dieser Grenze zwischen Wirtschaftlichkeit und Liebe zum Tun“, sagt Florian und erklärt: „Seit ich 14 Jahre alt bin, mache ich schon Musik, vor allem am Computer. Ich möchte das jetzt wieder als Teil meines Lebens haben.“ Ist die Kultur- und Kreativwirtschaft dafür eine gute Ausgangsbasis? „Unbedingt. Hier ist man nah an allem, was man produziert.“ Die Arbeit bei „Match Rider“ selbst schätzt Florian unter anderem wegen des Startup-Geistes: „Wir haben ein Fahrangebot für Pendler, das wir kontinuierlich in Zusammenarbeit mit unserer Zielgruppe verbessern. Dabei lernen wir alle, unsere Ideen pragmatisch umzusetzen. Das lernt man an keiner Uni.“

Genau darin sieht er auch die Stärke eines Praktikums, fügt aber hinzu: „Ich sehe das gleichzeitig kritisch, diese „Praktikantenkultur“. Praktikantinnen und Praktikanten sind keine kostenlosen Arbeitnehmer, sie bieten einen echten Mehrwert für die Betriebe und Selbständigen. Wenn es nicht die Möglichkeit gibt, ein Praktikum zu vergüten, dann ist es ganz wichtig, dass sich die Arbeit und der Einsatz für die Praktikanten auch lohnt. „Match Rider“ achtet zum Beispiel sehr darauf, dass viele Fähigkeiten für die Praxis in internen Workshops vermittelt werden – zum strategischen Direkt- und Onlinemarketing, Social Media, Programmen wie Photoshop und vielem mehr.“

Carlotta Libner, Pratikantin bei Fotografin Sabine Arndt

Praxisbezogene Kenntnisse sind auch Carlotta Libner wichtig. Ihr Praktikum bei der Fotografin Sabine Arndt wählte sie jedoch aus Interesse und aus Freude am Über-den-Tellerrand-Schauen. Sie studiert Grafikdesign im achten Semester und steht kurz vor dem Examen. „Ich habe ein dreimonatiges Praktikum bei einer Agentur gemacht und dafür mein Studium ein Semester ausgesetzt“, berichtet Carlotta. „Da blieb am Ende noch Zeit übrig. Sabine hatte ich bereits vorher kennen gelernt, und die Fotografie ist ein Bereich, der mich schon lange begeistert.“ Nach dem Praktikum bei Sabine Arndt, in dem Carlotta viel über Shootings und Fotobearbeitung lernte, blieb sie der Fotografin als eine Art „Abrufpraktikantin“ treu: „Wenn es etwas Tolles, Neues gibt und Sabine glaubt, dass ich mit der Aufgabe wichtige Erfahrungen machen kann, ruft sie an. Sie passt dabei immer sehr auf, dass es sich auch für mich lohnt, und das weiß ich zu schätzen. Weil eine solche Art des „Praktikums“ gut mit einem Studium kombinierbar ist, bin ich immer noch dabei“, lächelt Carlotta.

Für sie erfüllt ein Praktikum eine wichtige Rolle in der Ausbildung. Dafür ist Eigeninitiative zentral: „Ich finde, Praktikantinnen sollten auch fordern und nicht nur mitlaufen. Sondern nachfragen, nachhaken, um Erklärungen und Anleitung bitten. Das ist schwierig, aber Praktika sind deshalb so wichtig, weil wir so herausfinden können, was wir wollen und für unseren beruflichen Weg brauchen.“ Gleichzeitig sind auch die Selbständigen und Startups, die Praktikanten beschäftigen, gefragt: „Agenturen und Betriebe verdienen durch die Leistung der Praktikanten Geld. Als entsprechende Gegenleistung ist wichtig, dass wir so viel lernen wie es in der kurzen Zeit eines Praktikums eben geht.“ Sabine Arndt hebt sie dabei heraus: „Nicht nur ihre Anleitung ist gut. Sie vergewissert sich auch bei mir, ob mir eine bestimmte Aufgabe etwas gebracht hat.“ Nach ihrem Studium möchte Carlotta in einer Agentur anfangen – in einer kleineren, damit sie in alle Bereiche Einblicke bekommt. Offener Austausch und gute Zusammenarbeit sind ihr wichtig. Im Dezernat 16 ist ihr beides positiv aufgefallen.

Mit so viel Einsatz, Eigeninitiative und dem Mut, bereits als Berufseinsteiger eigene Wege zu gehen, kann sich die Kultur- und Kreativwirtschaft schon jetzt über ihren „Nachwuchs“ freuen.

 

Text und Fotos: Julia Schönborn

Beitragsbild via unsplash.com