Vor kurzem hat Shahbaz Noshir die Arbeit am Film „Puya – im Kreis der Zeit“ abgeschlossen. Nun reicht er seinen Film bei verschiedenen Filmfestivals ein. Das Filmprojekt thematisiert Flucht und Vertreibung. Genauso herausfordernd wie das Sujet war auch die Zeit der Produktion. Ein offenes Gespräch.

Der Dreh des Films begann 2015 im Sommer. Die letzten Aufnahmen waren im März 2016 im Kasten. „Ich hatte eine Idee“, erzählt Shahbaz, „und in diese haben wir uns gestürzt wie ins kalte Wasser. Erst zu zweit, dann mit viel Unterstützung von Freunden.“ Ein großer Dank gebührt daher Servet Akgöbek für sein Engagement und die Produktionsleitung, und Andreas Meves für seine Leistungen. In den ersten Monaten lief der gesamte Dreh eigenfinanziert. Die Bemühung um eine Filmförderung hätte Jahre gedauert. Zeit, die das Thema nicht hatte: „Ein Film, der die Geflüchtetenthematik aufgreift, kann nicht drei Jahre auf eine Förderung warten. Ich wusste, wir müssen jetzt drehen.“

Shahbaz Noshir konzentriert am Rechner …

Kalkulations- und Planungsphase

Shahbaz Noshir rechnete aus, wie viel es kosten würde, das Projekt anzustoßen. Vieles kam aus seiner eigener Tasche, dazu die wertvolle Unterstützung von Freunden und Mitstreitern. Team, Techniker, Kameramann, Schauspieler: Alle arbeiteten mit hohem persönlichen Einsatz. Die Pädagogische Hochschule verlieh ihr Equipment auf bestimmte Zeit an die Produktion. Das Stadttheater Heidelberg versorgte das Team mit verschiedenen Kostümen und Requisiten. Und in der letzten Phase des Films unterstützte Jörg Heinzmann, der Inhaber des Sunset Filmgeräteverleihs die Produktion. Ende 2016 ging der Film ins Crowdfunding, um einige der Schnittkosten zu decken. „Da hat Andreas Meves gute Arbeit geleistet“, erzählt Shahbaz. Die von ihm ausgearbeitete Kampagne brachte insgesamt 5300 Euro an Spenden. Sogar aus Indien spendeten die Menschen für das Projekt. „Ich fand das wirklich sehr berührend“, berichtet Shahbaz Noshir und ist sichtlich bewegt vom Vertrauen der Menschen in den Film. Anschließend befand sich „Puya“ in der Postproduktion. Sowohl finanziell als auch zwischenmenschlich war diese Zeit eine schwere für Shahbaz Noshir.

Trotz der vielen Herausforderungen, der Probleme und des manchmal eiskalten Wassers, das Shahbaz und dem Filmteam zeitweise die Luft zum Atmen nahm, blickt er heute auf einen liebevoll gedrehten, zeitaktuellen Film mit einer ganz besonderen Geschichte. Im Film geht es um einen deutsch-iranischen Filmemacher namens Puya, der bis zu diesem Zeitpunkt nur kurze Dokumentarfilme gedreht hat. Er wünscht sich sehr, sein eigenes Drehbuch zu verwirklichen. Eines Tages begegnet er im Wald einem Geflüchteten, Nimrod. Er trägt einen Judenstern. Für Puya ist in diesem Moment klar, dass er den Protagonisten aus seinem eigenen Drehbuch vor sich hat. Im Lauf der Ereignisse fragt Nimrod ihn, wie lange er noch leiden muss, bis das Drehbuch von Puya endlich fertig ist. Puya hat ebenfalls eine Geschichte von Flucht und Vertreibung hinter sich, ist aber in einer neuen Heimat angekommen. Nimrod ist eine fiktive Figur, die aus einer barbarischen Zeit flüchtet und sein eigenes Schicksal nicht kennt. Es ergeben sich daraus nicht nur interessante Brüche in den Ebenen der Fiktion, sondern auch ein Spannungsverhältnis zwischen Wissen und Nicht-Wissen.

… lachend, weil ich möchte, dass er die Zeitschrift „German Films Quarterly“ in die Kamera hält …

Postproduktion und Einreichung

„Puya – im Kreis der Zeit“ hat es in die aktuelle Ausgabe der „German Films Quarterly“ geschafft. Das Magazin bewirbt ausgewählte Filme aus dem deutschen Raum, die sich bei Filmfestivals bewerben. „Die Postproduktion und die Zeit danach sollte niemand unterschätzen“, berichtet Shahbaz. „Es ist eine intensive und auch finanziell kostspielige Zeit. Ich überlege: Wo reiche ich den Film ein? Bei welchem Festival ist er gut platziert? Berlin, Cannes, San Sebastian, Venedig? Erst im August diesen Jahres werde ich wissen, ob ich die richtigen Entscheidungen getroffen habe.“ Und er ergänzt mit leichtem Lächeln: „Schlafen darf ich jetzt auf keinen Fall.“

Shahbaz Noshir hat als Deutsch-Iraner selbst Migrationshintergrund. Seine eigenen Erfahrungen flossen in den Film ein. Die Inspiration für das Drehbuch entnahm er allerdings nicht seiner Biographie, sondern einem Traum.

… und mit dem Artikel über „Puya – im Kreis der Zeit“. Ganz links: Die Pfefferkörner.

Der Traum, der die Inspiration für „Puya“ war

„Bei mir zuhause waren plötzlich fünf Protagonisten aus meinen eigenen Drehbüchern. Sie saßen zusammen und verstanden sich gut. Eine hatte ein Kopftuch auf, eine hatte einen Judenstern, einer war verletzt. Einer sprach nur Persisch!“ Im Traum, berichtet Shahbaz, sei er durch den Lärm ihrer Unterhaltung aufgewacht. „Ich ging in die Küche und sah die Gesellschaft, und sie fingen an mich zu fragen, wann ihre Geschichten endlich umgesetzt werden. Ich sagte, ich habe kein Geld, dann rief einer: „Wenn, dann bin ich jetzt dran!“ Und ein anderer fragte: „Was hat er gesagt?“, denn er verstand das Persische nicht.“ Shahbaz lacht herzlich. Natürlich ist die Arbeit an einem Drehbuch nicht mit einem Traum getan. Sie erfordert viel Arbeit, und bis zur umgesetzten Geschichte ist es ein langer Prozess.

Zu seinem Medium „Film“ befragt, erklärt Shahbaz Noshir: „Unsere Wörter sind oft so armselig. Sie beschreiben Leid und Schmerz nicht annähernd.“ Die Bilder im Film sind leise, vieles wird mit Licht und Musik erzählt. Dabei ist es Shahbaz Noshir wichtig, dass das Leiden der Menschen nicht reißerisch zur Schau gestellt wird, sondern respektvoll behandelt. „Bei vielen Filmen werden Opfer geradezu unwürdig dargestellt. Es ist mir ein Anliegen, das Leiden der Menschen zu schützen. Die Bildsprache für ein schwieriges Thema muss respektvoll sein.“ Um seinen Punkt zu verdeutlichen, gibt Shahbaz ein Negativbeispiel: „Im Film Der Untergang schützt die Bildsprache den Täter, und der Respekt vor den Opfern fehlt völlig.“

Shahbaz Noshir weiß, dass es seinen Film heute nicht gäbe ohne die Hilfe vieler Menschen. Durch die Herausforderungen in der letzten Phase der Produktion hatte er sich ein wenig vergraben, wie er selbst sagt. „Ich will aber allen meinen Unterstützern von Herzen danken“, sagt er. „Und ich werde berichten, wie es um das Projekt steht“. Mit etwas Glück können die vielen Menschen, die zu „Puya“ beigetragen haben, dann bereits eine Filmpremiere feiern.

Text und Fotos: Julia Schönborn

Beitragsbild: Dirk Welz